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Die letzten Juden in Istebna. Die Tragödie der Familie Springut.

Diese Erzählung gewann im Jahr 2024 den 3. Platz beim landesweiten Literaturwettbewerb um den Marek-Hłasko-Preis in Posen


Teil I

Istebna, 7. September 1939

Sigmund Springut schaute immer wieder aus dem Fenster. Er war nervös. Seine Hände zitterten. Das Dorf lag in Dunkelheit gehüllt. Die Uhr an der Wand zeigte drei Uhr nachts. Um diese Zeit schlafen die Menschen am tiefsten. Das wusste er. Er hatte jedes Detail geplant. Seit der Oberförster Karl Delong sich auf dem Bürgermeisterstuhl niedergelassen hatte, bereitete Sigmund die Evakuierung vor. Er hatte begriffen, dass man die Hoffnung auf ein sicheres Leben aufgeben musste.

Springut blickte zu seiner Frau und den Töchtern. Sie waren dabei, die letzten Sachen zu packen. Sie legten das Nötigste in die Lederkoffer. Hemden, Schuhe, warme Socken, Konserven, Geld, etwas Gold.

– Nimm noch das hier … – sagte er zu seiner Frau und zeigte auf das Spitzeneinstecktuch, das er vor neun Jahren von seinem Nachbarn zu seinem sechzigsten Geburtstag bekommen hatte.

– Aber in einem Monat, höchstens zwei, sind wir wieder zu Hause. Du wirst wohl kaum Gelegenheit haben, dich im Anzug herauszuputzen – entgegnete Esther, seine Frau. Sie meinte, sie sollten keine überflüssigen Dinge mitnehmen.

– Bitte, nimm es für mich – lächelte er. – Es wird mich an unser Zuhause erinnern.

 

Esther respektierte den Wunsch ihres Mannes und legte das Einstecktuch in die Tasche. Sie setzte sich auf die Bettkante. Tief seufzend blickte sie in das Schlafzimmer. An den mit Holz verkleideten Wänden hingen Gemälde des einheimischen Künstlers Wałach. Auf dem Tischchen am Fenster lag eine gehäkelte Koniakauer Decke, auf der die Menora stand.

– Vielleicht solltest du sie auf dem Dachboden verstecken? – schlug sie vor, aus Sorge, dass die Hitlerleute dieses Symbol entweihen könnten.


Sigmund nahm die Menora behutsam und trug sie auf den Dachboden, wo er bereits andere Familienandenken in einer großen hölzernen Truhe versteckt hatte. Er schaute aus dem Fenster, das zur Kirche und zum Amt hinausging. Eine Träne rollte ihm über die Wange. Er liebte dieses Fleckchen Erde. Vor vierzig Jahren waren sie hierhergekommen. Sie waren in einer jüdischen Familie geboren, die im Ort Skrzydlna in Kleinpolen lebte. Nach der Hochzeit hatten sie jedoch beschlossen, sich in Schlesien niederzulassen. Sie wählten das schöne, bergige Dorf mit dem wohlklingenden Namen Istebna. Sie waren die einzige jüdische Familie in dieser Gemeinschaft. Anfangs begegnete man ihnen mit leichter Feindseligkeit und sogar mit kleinen Akten von Vandalismus. Doch im Laufe der Jahre erwarben sie sich Anerkennung. Zwar hörten sie aus manchem Mund auch weiterhin Worte wie „Andersgläubiger“ oder „Jüdlein“, doch die große Mehrheit respektierte sie und behandelte sie mit Würde.


Als die hölzerne Uhr an der Wand, gleich neben der Landschaft von Ludwik Konarzewski, 3:19 anzeigte, befahl Sigmund mit erhobenem Flüstern den Aufbruch aus dem Haus. Tief in seinem Herzen wollte er nicht fliehen. Er war 69 Jahre alt und hatte ein Dutzend Erinnerungen, die ihn mit diesem Ort verbanden. Er hatte hier ein Zuhause, Freunde, Geschäfte. Hier waren seine Kinder zur Welt gekommen. Das war sein Platz auf Erden, seine Welt. Diese Welt hatte sich verändert, seit die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren. Sigmund hatte die Medienberichte aufmerksam verfolgt und sowohl die polnische als auch die deutsche Presse gelesen. Vor dem Krieg waren es nur wenige Dutzend Kilometer bis zur Grenze des Dritten Reiches. Er hatte viele Bekannte auf der anderen Seite, und es erreichten ihn Berichte darüber, wie die jüdische Gemeinschaft dort behandelt wurde. Als die Hitlertruppen die Grenze überschritten, wusste er, dass das Pogrom gegen die Juden auch auf sein geliebtes Teschener Schlesien übergreifen würde. Noch Ende August hatte er den jüdischen Rabbiner Salomon Klüger in dessen Wohnung in der Zamkowa 5 in Teschen besucht. Klüger hatte ihm unmissverständlich erklärt, dass ihn der Tod erwarte, wenn er in Schlesien bliebe. Die jüdische Gemeinschaft informierte sich gegenseitig über die aktuelle Lage und die möglichen Gefahren. Sie verstanden, dass eine Diskussion mit wütenden Nationalisten keinen Sinn hatte.

 

Sigmund beschloss zusammen mit seiner Frau und den erwachsenen Töchtern, Istebna zu verlassen. Karl Delong, der neue Bürgermeister, war von der nationalsozialistischen Propaganda so verblendet, dass er im Menschen keinen Menschen mehr sah. Es zählte nur noch die Ideologie. Der alte Springut hatte begriffen, dass man schnell handeln musste. Er kannte Delongs furiose Natur. Jetzt, da dieser an die Macht gekommen war, zählte jeder Tag.

Familie Springut vor ihrem Haus in Istebna, ca. 1910
Familie Springut vor ihrem Haus in Istebna, ca. 1910

Um 3:25 Uhr saßen er, seine Frau Esther und ihre vier erwachsenen Kinder bereits auf dem eingespannten Fuhrwerk. Sie warfen einen letzten Blick auf ihr Haus. Es war ein stattliches gemauertes Gebäude, in dem sie über viele Jahre hinweg ein Geschäft und eine Postkartenmanufaktur betrieben hatten. Jedem von ihnen war schwer ums Herz. Springut hätte selbst in seinen düstersten Vorstellungen nicht erwartet, dass er kurz vor seinem siebzigsten Lebensjahr zur Flucht gezwungen sein würde.

– Wir kommen zurück. Die Engländer und Franzosen werden schnell reagieren, und die amerikanischen Juden werden nicht zulassen, dass Hitler sich solche Übergriffe erlaubt – sagte er, und sie brachen auf in Richtung der slowakischen Stadt Žilina, wo eine seiner Töchter lebte.

Sie fuhren langsam, um keine unnötigen Geräusche zu machen, die die Nachbarn hätten wecken können. Das Zentrum von Istebna, in dem sie wohnten, war gespickt mit Häusern, bei denen Hunde Wache hielten. Durch glücklichen Zufall – oder, wie die Springuts meinten, durch göttliche Vorsehung – reagierte niemand aus der Nachbarschaft auf das Bellen.

An der schlesisch-slowakischen Grenze bei Jaworzinka überquerten sie die Grenze. Sie atmeten erleichtert auf.

 

Teil II

20. Juni 1942

Springut lehnte den Kopf an die Holzwände des Waggons. Er saß auf dem Stroh, das seine Tochter ihm ausgebreitet hatte, damit er es weich hatte. Er verspürte das Bedürfnis, sich auf die Decke zu legen, doch es war zu eng. In dem Abteil waren vierzig Personen samt Hab und Gut zusammengedrängt. Insgesamt wurden in achtzehn Waggons etwa 700 Menschen transportiert. Sie waren um 11:30 Uhr aufgebrochen, aber man hatte ihnen nicht gesagt, wie lange diese Reise dauern würde. Es sollte für sie eine Verbesserung werden – so behaupteten jedenfalls die Nationalsozialisten.


Schon im März waren die Springuts und andere Juden aus ganz der Slowakei in hölzerne Baracken auf dem Gelände der Militärkasernen in Žilina gebracht worden. Sie schliefen auf Stroh und deckten sich mit dem zu, was sie hatten. Das dauerte vier Monate. Damals wussten sie nicht, wie lange sie dort bleiben oder was mit ihnen geschehen würde. Esther hielt diese Bedingungen nicht aus. Eines Morgens öffnete sie einfach nicht mehr die Augen.

Seit jenem Tag hatte der alte Springut kein Wort mehr gesprochen. Er saß traurig da und vergoss ab und zu eine Träne. Seine über 45 Jahre währende Ehe war zu Ende gegangen – auf dem schmutzigen, hölzernen Boden einer Baracke, in einer ihm fremden Stadt, fern von seinem geliebten Zuhause.

 

Juden aus dem Durchgangslager in Žilina. Quelle: tkiZilina
Juden aus dem Durchgangslager in Žilina. Quelle: tkiZilina

Am Morgen des 20. Juni 1942 hängte einer der Soldaten, die die Baracken bewachten, eine Liste mit den Namen der Personen an die Tür, die in den Osten umgesiedelt werden sollten. Dort sollten sie ein neues Leben beginnen. Auf der Liste standen auch die Springuts. Es wurde ihnen befohlen, ihr gesamtes Hab und Gut mitzunehmen und in den Zug zu steigen.

Der alte Sigmund warf beim Verlassen der Baracke einen Blick auf die Liste. Darauf stand auch seine geliebte Esther. "Sie haben nicht einmal bemerkt, dass sie schon nicht mehr da ist", dachte er, aber er vergoss keine weitere Träne. Er konnte nicht mehr weinen.


Mit Hilfe seiner Töchter kletterte er in den Waggon. Als der Zug abfahrbereit war, stellte sich der Kommandant des Durchgangslagers in die Mitte des Platzes.

– Ihr werdet in den Osten transportiert, wo ihr vom Dritten Deutschen Reich Arbeit, Verpflegung und Unterkunft erhaltet. Ihr beginnt einen neuen Lebensabschnitt. Nach eurer Ankunft am Zielort erhaltet ihr weitere Anweisungen. Heil Hitler! – verkündete er, woraufhin ein lauter Pfiff den Soldaten das Zeichen gab, die Waggontüren zu schließen.


Istebna Anfang der 40er-Jahre
Istebna Anfang der 40er-Jahre

Sigmund war im Waggon eingenickt. Vor seinen Augen erschien das Haus. Alle Fenster standen offen, und weiße Gardinen wehten im Wind. Esther und die Töchter buken ungesäuertes Brot für das Abendmahl. Sie bereiteten sich auf das Pessachfest vor. Springut trug die Haggada unter dem Arm, die er traditionsgemäß vor dem feierlichen Abendessen vorlesen sollte. Das Grün der Istebnaer Hügel erfreute das Auge, und die Wärme der Frühlingssonne wärmte das Herz.


Plötzlich hörte er einen gellenden Schrei. Etwas, das wie das Kreischen eines heranfliegenden Jagdflugzeugs klang. Er wachte auf. Vor seinen Augen kehrten die gedrängten, schmutzigen und von der Zukunft verunsicherten Menschen zurück, mit denen er den Waggon teilte. Seine Töchter Karoline und Josefine hielten ihn an den Händen.

– Ich glaube, wir sind angekommen – sagte die Älteste und erklärte damit das ohrenbetäubende Quietschen der bremsenden Räder.

– Wir konnten nicht sehr weit von Žilina weggefahren sein, die Reise dauerte vielleicht zwei Stunden, vielleicht etwas länger – überlegte Josefine.

Die Waggontür öffnete sich. Der alte Springut erhob sich langsam. Sein ganzer Körper schmerzte, doch er freute sich, dass sie angekommen waren. Er wollte endlich wieder an die frische Luft.

An der sogenannten Alte Judenrampe am Güterbahnhof warteten bewaffnete SS-Männer und einige Ärzte. Die Ankömmlinge wurden in mehrere Reihen aufgestellt.

Einer nach dem anderen trat vor die Kommission, die aus einem Arzt und mehreren SS-Männern bestand. Schließlich waren Springut und seine Töchter an der Reihe.

– Wo sind wir? – fragte Josefine auf Deutsch.

– Im Lager Auschwitz-Birkenau – antwortete einer der Männer in soldatischem Ton.

– Werden wir noch heute die Unterlagen für Unterkunft und Arbeit abgeben können? – fragte sie nach, um Informationen über das weitere Vorgehen zu bekommen. Sie mochte es, informiert zu sein. Das hatte sie von ihrem Vater geerbt.

– Ja, gleich erfahren Sie, wie es weitergeht. Bitte haben Sie Geduld – erwiderte der Offizier mit sanfter Stimme.

– Danke, Herr – sie lächelte erleichtert, sah ihren Vater an und streichelte ihm über die Schulter. – Alles wird gut, Vati.

Nach einem Moment trat ein anderer SS-Mann an sie heran.

– Frauen nach links, du nach rechts – sagte er scharf und wandte sich an den alten Springut.

– Könnten wir nicht doch zusammenbleiben? Vati ist schwach, es wäre gut, wenn er Betreuung hätte – reagierte Karoline.

– Halt’s Maul, Jüdin! – schrie er, packte den alten Springut und stieß ihn vor sich her. Springut fiel zu Boden und schlug mit dem Kopf auf einen Stein.

– Was tun Sie?! – schrie die entsetzte Josefine, aber niemand reagierte auch nur.

– Schneller, schneller! – begannen die SS-Männer zu rufen und schoben die Frauen vorwärts.

 

Sigmund stand wieder auf die Beine. Er ging zusammen mit den anderen Männern aus dem Transport. Er verlor seine Töchter aus den Augen. Nach ungefähr zehn Minuten Fußmarsch erreichten sie eine hölzerne Baracke. Drinnen saß an einem kleinen Tisch ein junger Mann, höchstens zwanzig Jahre alt. Die Gefangenen traten nacheinander an ihn heran, und er tätowierte ihnen eine Nummer auf den Arm. Springut beobachtete aufmerksam. Dann war er an der Reihe.

– Name, Nachname, Herkunft? – fragte der Offizier, der neben dem Tätowierer saß.

– Sigmund Springut, Sohn von Jakob und Esther geborene Korngut, geboren am sechsten Juni 1870 in Skrzydlna – antwortete er mit schwacher Stimme.

– Ehefrau? – fragte der Offizier weiter, ohne ihn auch nur einen Moment anzusehen.

– Esther Springut, geborene Gruber – antwortete er.

– Ist sie mit diesem Transport angekommen?

– Nein. Sie wurde vor einigen Wochen in den Tod getrieben – antwortete er mit zusammengebissenen Zähnen.

Der Offizier hob den Blick und sah Springut an.

– 40 273 – sagte er laut und sah ihm dabei direkt in die Augen, woraufhin der junge Mann mit den Tätowierungen Sigmunds Hand packte und zu sich zog. Mit mehreren Nadeln stach er in seine bereits faltige Haut und brachte die Tinte ein.

Von nun an war er nicht mehr Sigmund Springut, sondern die Nummer 40 273.

 

Teil III

KL Auschwitz-Birkenau, 26. Juni 1942

Früh am Morgen stürmten ein Dutzend SS-Männer in die Baracke, in der Springut untergebracht war. Es waren junge Männer, neunzehn, zwanzig Jahre alt. Sie befahlen allen, aufzustehen. Hinter ihnen trat ein Offizier mit einer Liste ein. Er stellte sich in den Türrahmen und begann, die Nummern vorzulesen: 40 234, 40 241, 40 252, 40 251, 40 257, 40 273 …

Als die Nummer verlesen wurde, die Springut seit einigen Tagen identifizierte, hörte er nicht mehr weiter zu. Er kam erst wieder zu sich, als der Offizier fertig gelesen hatte.

– Ihr werdet verlegt und an einem anderen Ort untergebracht – verkündete der Offizier. – Nehmt euer Hab und Gut mit. Vor der Reise werdet ihr noch ins Bad geführt. Dort nehmt ihr eine schnelle Dusche, bekommt frische Kleidung und werdet dann zur Rampe gebracht, von wo euch der Zug abholt – sagte er und ging hinaus.


Springut sah sich um. Alle, die für die Umsiedlung ausgewählt worden waren, waren schon älteren Alters. Er wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Die SS-Männer begannen, sie anzutreiben. Sigmund blickte einen von ihnen an. Er wollte fragen, ob seine Töchter auch umgesiedelt würden. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er erkannte, dass er diesen jungen Mann kannte. Auch der SS-Mann erkannte ihn wieder, senkte beschämt den Blick.

– Karoline und Josefine sind auch hier. Finde heraus, ob sie auch umgesiedelt werden, bitte – sagte er auf Polnisch zu ihm, doch der antwortete kein Wort.

 

Nach wenigen Minuten Marsch erreichten sie ein ziegelrotes Gebäude. Der Offizier befahl allen, ihre persönlichen Sachen abzulegen und sich vollständig auszuziehen. Sie sollten vor der Reise duschen. Sigmund legte seine Ledertasche ab und zog sich aus. Heimlich zog er aus der Hosentasche das Spitzeneinstecktuch hervor – dasselbe, das er bei der Evakuierung aus Istebna mitgenommen hatte. Von dem einst perlmuttweißen Tuch war nicht mehr viel zu erkennen. Kaum jemand hätte darin noch ein Kleidungsstück erkannt. Schmutzig, ausgefranst, ein kleiner Knäuel verworrener Fäden – so sah es jetzt aus.


Er betrat zusammen mit den anderen die Badeanstalt. Er stellte sich unter einen der Duschköpfe. Die schweren, metallenen, quietschenden Türen schlugen hinter ihnen zu. Er stand zusammengepfercht mit 400 anderen Gefangenen. Er holte tief Luft. Draußen wurden die Motoren von mehreren Lastwagen angelassen. Plötzlich öffneten sich kleine Öffnungen in den Wänden der Badeanstalt, und die SS-Männer warfen einige Dosen hinein.

 

Häftlingsregister des KL Auschwitz. Unter der Nummer 40 273 wurde Springut eingetragen. Quelle: Museum KL Auschwitz
Häftlingsregister des KL Auschwitz. Unter der Nummer 40 273 wurde Springut eingetragen. Quelle: Museum KL Auschwitz

Die Luft füllte sich mit dem Geruch von bitteren Mandeln. Springut begann zu ersticken. Seine Augen tränten, und er verlor den Boden unter den Füßen. Er fühlte sich höllisch schwach. Die anderen schrien, schlugen mit den Fäusten gegen die metallenen Türen. Einige versuchten, zu den Öffnungen unter der Decke zu gelangen, kletterten übereinander. Sie trampelten einander nieder. Sie erbrachen sich, und auf ihrer Haut erschienen Flecken. Schreie, Gebrüll, Weinen und Wimmern zerrissen die Ohren.


Sigmund hielt das Einstecktuch mit aller Kraft umklammert. Es wurde immer stiller. Die Menge von 400 Menschen verstummte nach und nach. Schließlich fühlte auch er sich besser. Die verkrampften Muskeln lockerten sich, und sein Geist wurde von einer langsamen Seligkeit erfüllt. Vor seinen Augen sah er sein Haus, das Grün der Istebnaer Hügel und die Blumen, die Esther im Garten gepflanzt hatte. Er öffnete die Hand, aus der das Spitzentuch fiel, und dann stürzte er zu Boden.


Fragment des Denkmals in Istebna, auf dem der Familie Springut gedacht wird
Fragment des Denkmals in Istebna, auf dem der Familie Springut gedacht wird

P.S.

Karolina Springut (geb. 23.12.1900 in Istebna) starb am 4. Juli 1942 im KL Auschwitz.

Josefine Springut (geb. 1901 in Istebna) starb am 12. Juli 1942 im KL Auschwitz.

Sidoni Springut (geb. 26.10.1902 in Istebna) starb am 29. Mai 1942 im KL Auschwitz.

Autor: Jonasz Milewski


Lesen Sie den nächsten Teil der Geschichte der Familie Springut: Die letzten Juden in Istebna. Das weitere Schicksal der Familie Springut.


Quellen:

Archiv des Museums Auschwitz-BirkenauArtikel „Die erste Wasserleitung in Istebna“ von Gustaw Szepke

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